Auf der ganzen Welt stehen Frauen auf. Sie wehren sich gegen ein System, dass sie unterdrückt, dass sie ausbeutet, dass sie objektifiziert, dass sie vergewaltigt, dass sie verprügelt, dass sie tötet. Der Frauenkampftag erinnert an alle die schon vor uns gekämpft haben, zeigt gleichzeitig aber auch, die Notwendigkeit diese Kämpfe weiter zu fechten.
Die Unterdrückung der Frau hat System, sie passiert nicht zufällig und reicht in alle Bereiche unseres Lebens. Um wirksame Kämpfe führen zu können, müssen wir verstehen lernen, wie dieses System funktioniert.
Das Patriarchat hat sich historisch immer wieder gewandelt. Die konstante Größe bleibt die Herrschaft des Männlichen. Diese ist die Norm und bildet sich in Abgrenzung und Abwertung von Weiblichkeit. Im Kapitalismus erfüllt die Unterdrückung der Frau eine zentrale Aufgabe.
Im Kapitalismus stehen nicht die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund. Es geht einzig darum Kapital zu vermehren. Um Kapital zu vermehren ist der Kapitalismus auf die Ausbeutung der Arbeitenden angewiesen. Nur so ist es möglich Mehrwert zu schaffen und das Kapital zu vergrößern. Menschen sind dazu gezwungen ihre Arbeitskraft verkaufen, um sich reproduzieren zu können um essen, wohnen und sich erholen zu können. Die Arbeitenden erhalten in der Lohnarbeit nicht den gesamten Wert, den sie durch ihre Arbeit produzieren, sie werden ausgebeutet.
Diese Ausbeutung bildet die Grundlage des Kapitalismus.
Die Ware Arbeitskraft entsteht allerdings nicht aus sich selbst heraus, sie muss wie jede andere Ware produziert werden. Der Kapitalismus ist hierbei darauf angewiesen diese Arbeit nicht beziehungsweise so gering wie möglich zu entlohnen. Würde er es tun, er würde untergehen, denn eine Vergrößerung des Kapitals wäre nicht mehr möglich. Die Produktionsarbeit der menschlichen Arbeitskraft geht nicht in der Verwertungslogik des Kapitals auf und wird als Reproduktionsarbeit abgespalten und auf das Weibliche abgewälzt. Jede Reproduktionsarbeit ist so zugleich Produktionsarbeit, sie ist die erste Voraussetzung für einen funktionierenden Kapitalismus, denn das wichtigste Produktionsmittel des Kapitals ist die Arbeitskraft.
Um zu gewährleisten, dass immer neue Arbeiter*Innen auf den Arbeitsmarkt gespült werden und dass diejenigen die nicht mehr verwertbar sind, wie Alte und Pflegebedürftige günstig verwahrt werden ist der Kapitalismus darauf angewiesen, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen diese Arbeit erledigt, eine Gruppe die überall auf der Welt ungefähr die Hälfte der Menschen ausmacht. Diese Aufgaben kommen im kapitalistischen Patriarchat Frauen zu. So wird die Frau im Kapitalismus doppelt ausgebeutet. Sie muss sich auf dem Arbeitsmarkt als vermeintlich gleiche durchsetzen und gleichzeitig bis zur völligen Erschöpfung Sorgearbeit leisten, ohne die der Kapitalismus nicht funktionieren würde.
Der Kapitalismus trennt Öffentliches und Privates, um sein Funktionieren zu sichern. Das Öffentliche ist hierbei männlich konnotiert und der kapitalistischen Norm entsprechend, hier wird Wert geschaffen und Kapital vermehrt. Das Private ist weiblich konnotiert, hier wird das menschliche Leben reproduziert, es wird gekocht, geputzt, geliebt. Das Private steht dabei der Verwertungslogik des Kapitalismus konträr gegenüber. Und so auch Frauen und Weiblichkeit. Durch ihren Gegensatz zur männlichen Norm werden sie in der Folge abgewertet und zum Objekt des Männlichen degradiert. Patriarchale Gewalt, vom sogenannten Alltagssexismus bis hin zur manifesten Vergewaltigung und Femizid, sind als Ausdruck dieses Objektstatus und damit als Ausdruck struktureller Verhältnisse zu verstehen.
Mit unserer Arbeit reproduzieren wir so umsonst oder mindestens unterbezahlt, bis zur völligen Erschöpfung, ein System, das Männer hervorbringt, die uns bedrohen, die uns bespucken, die uns verprügeln, die uns vergewaltigen, die uns töten.
Die Frage nach der Organisation der Reproduktionsarbeit bleibt eine zentrale. Sie bestimmt wie wir leben wollen. Sie bestimmt wie wir uns begegnen. Sie bestimmt wie wir uns umeinander sorgen. Und so dürfen wir nicht müde werden die Fragen nach der Organisation von Reproduktionsarbeit zu stellen. Wir müssen diese Arbeiten neu denken. Feminismus ist Klassenkampf. Anders jedoch als im Klassenkampf gegen Lohnarbeit darf es hier nicht um eine Überwindung derselben gehen, sondern um eine Neukonnotierung. Der Klassenkampf um Lohnarbeit bedeutet zuerst eine Verkürzung der Lohnarbeitszeit und damit eine Verlängerung der Zeit für Reproduktionsarbeit und eine Vergrößerung der Löhne und damit einer besseren Gestaltung der Reproduktionsarbeit. Der Kampf für eine Überwindung der Lohnarbeit ist der Kampf für das Gute Leben. In diesem guten Leben sind reproduktive Tätigkeiten, im weit gefassten Sinne der Mittelpunkt des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Sie umfassen die Erziehung und Begleitung von Kindern, von Jugendlichen von Alten, aber auch das Verhältnis zu Freund*Innen, dass umeinander Sorgen, das füreinander da sein, kurz das Zusammenleben überhaupt. Wenn wir eine Gesellschaft fordern, in der all dies im Mittelpunkt steht, so fordern wir eine Gesellschaft, die das Bestehende hin zum Befreiten umwirft. Die Reproduktionstätigkeiten vergesellschaftet, solidarisch organisiert und die Bedürfnisse aller ins Zentrum rückt. Dieser Kampf geht nur feministisch.
Wir werden von klein auf dazu angehalten nett zu sein, ruhig zu sein, uns anzupassen, zu lächeln, nichts zu fordern. Doch die feministischen Bewegungen weltweit zeigen, dass die Verhältnisse bröckeln. Lasst uns laut und kämpferisch diesen Verhältnissen entgegentreten und ein Ende der Gewalt auf allen Ebenen fordern.
Das gute Leben ist möglich, lasst es uns gemeinsam erstreiten!
Wir wollen nicht mehr wütend sein müssen, über diese Zustände, die uns unterdrücken.
Wir wollen nicht mehr trauern müssen, um all die Frauen, die täglich weltweit getötet werden.
Wir wollen keine Angst mehr haben, abends nach Hause zu gehen, weder vor dem Weg noch vor unserem zu Hause selbst.
Wandle Wut, Trauer und Angst in Widerstand!